Zurück nach Uskow
Ein Schauspielsolo von Janosch für Menschen ab 14 JahrenRegie: Karin Hopmann
Spiel: Rainer Galke
Bühnenbild: Maren Galke
Um mit dadurch auferlegten Widersprüchen zurecht zu kommen, daraus eine tragfähige Grundlage für ein gutes Leben zu basteln und sich eventuell durch eigene Einsichten zu befreien - dazu bedarf es eines fantasievollen Menschen, eines wachen Querdenkers und eines konditionsstarken Hürdenläufers.
Begleiten Sie den alten Steiner durch traumatische Erinnerungen genauso wie durch Sternstunden der Erkenntnis, wo der Vorhang zerreißt vor dem was wirklich zählt: „Wonach ich mein ganzes Leben lang suchte, das hatte diese vom Leben zerfetzte Kreatur gefunden …“ Janosch wurde 1931 im oberschlesischen Zaborze geboren und die Beschreibung der speziell oberschlesischen, katholischen Erziehung lässt autobiografische Züge vermuten.
Kommentare von Zuschauern
"Zurück nach Uskow" heißt das Ein-Mann-Drama des heute 90jährigen Deutsch-Polen Horst Eckert, als
Kinderbuchautor unter dem Namen Janosch berühmt. Wer nur "Ich mach dich gesund, sagte der Bär" oder "O wie
schön ist Panama" kennt, fällt bei dem o.g. Stück buchstäblich vom Glauben ab. Hier siegt keine
Freundschaft,
keine Solidarität, nicht die Liebe über die Unvollkommenheit der Welt, hier triumphiert das Unheil,
verkörpert
durch die kath. Kirche, die mit ihrer zwielichtigen Sexualmoral, einem strafenden Gott, bizarren
Beichtritualen u.a. die kindliche Seele platt walzt. Von dieser Deformation hat sich die inzwischen
hochbetagte und und dem nahen Ende entgegensehende Hauptfigur - so wird in der Bilanz des Lebens klar - nie
befreit. Erst am Schluss ahnt er eine mögliche Lösung. Rainer Galke liefert mit seiner Stimme, seiner
Körpersprache, seiner Mimik eine eindrucksvolle Performance ab. Sie lässt niemanden im Publikum unberührt...
Klaus Großheide
Osnabrück
Als ich den alten Mann auf die Bühne kommen sah, dachte ich zuerst:“ Rainer Galke ist ganz schön alt
geworden!“ Aber als er dann als Vierjähriger auf der Kirchenbank saß und die Beine baumeln ließ, sah ich
nur noch den kleinen Steiner. Ich hatte den Namen des Schauspielers vergessen.
Zur Premiere „Zurück nach Uskow“ am 03.09.2020
Christian Götz, Osnabrück
Presse
Der Spiegel Nr. 36/1993 schreibt über Janosch und seinen Besuch in Polen:
Ganz Oberschlesien ist ökologisches Katastrophengebiet, die Luft mit Staub, Abgasen und
Schwermetallen verseucht. Janosch denkt in der Vergangenheit: "Wir kamen gar nicht auf die
Idee,
daß es eine andere Luft gibt."
Als viel verheerender sieht er das an, was ihm damals die katholische Kirche antat: "Sie hat
mich
total zerfetzt. Ich ging als Hackfleisch aus dieser Kindheit heraus."
Janosch, der sanfte Riese, Autor so vieler Kindergeschichten, die von eigenartig schwebenden
Glücksgefühlen erzählen, schildert im Gespräch seine eigene Kindheit als einziges
Horrorszenarium: Prügel von den Eltern, Sadismen der Nazi-Lehrer, Schindereien in der
"Hitlerjugend". Aber mit Abstand das Schlimmste für ihn war "die katholische
Gehirnwäsche" - ein lebensvergällendes Trauma. Mit Grausen erinnert sich der Ex-Katholik, wie
er "dreimal die Woche
bei Nacht und Nebel aus dem Bett gerissen und vor der Schule zur Messe gejagt" wurde.
Die Schule wird gerade renoviert. Die "Heilig-Geist-Kirche" gibt es nicht mehr. Sie wurde
1945
von den Russen niedergebrannt. An ihrer Stelle ist nun ein Glockenturm, der, als Janosch davorsteht,
zu
läuten beginnt: volle Dröhnung, minutenlang. Es ist Mittag in Polen.
"Mit Angstschweiß ging ich zur Beichte, denn Gott hatte dem Pfarrer die Macht übertragen, mir
zu
vergeben oder nicht." Monomanisch erklärt er alles Leid, das sein Leben beschwerte, aus den
Verletzungen, die ihm der Terror seiner Religionslehrer zugefügt hat: den Haß, die Alpträume, die
alkoholischen Exzesse, die seine Gesundheit ruinierten.
Uskow ist, wie könnte es anders sein, Zabrze. "Mit Uskow habe ich mich von dem Trauma meiner
Kindheit befreit", beteuert der Autor. Janosch aus Zabrze hat endlich den schweren Steinblock
des
Horst Eckert aus Hindenburg, den er zeitlebens auf dem Buckel schleppen mußte, abgeworfen.
Janosch lebt. Tod, wo sind nun deine Schrecken? "Der Name in meinem Paß ist falsch",
behauptet
Janosch: "Horst Eckert, das bin ich nicht - nicht mehr."
Anläßlich eines Besuchs des Autors in seiner Heimatstadt reagierten die polnischen Gastgeber
zunächst begeistert auf seine Absicht, ihnen ein Theaterstück zu schenken. Aber am nächsten Tag
seines Besuchs waren ihre Köpfe mit Bedenken gestopft. "Nein, nie und nimmer", sagt
Direktor
Kula, "kann dieses Stück hier öffentlich aufgeführt werden." Der Ratgeber des
Bürgermeisters
hatte es über Nacht gelesen: "Sehr interessant, aber nur einem handverlesenen Zirkel von
Intellektuellen
zumutbar."
"Ganz Uskow war katholisch: die Leute, die Häuser, die Bäume, die Steine, und was nicht
katholisch war, war des Teufels" - sagt der alte Steiner in seinem Selbstgespräch. Das scheint
heute mehr denn je für Polen zu gelten.